MB-Ferienseminar für hochbegabte und besonders leistungsfähige Gymnasiasten

Dieses Jahr bekam ich dank meiner schulischen Leistungen und meiner sportlichen Betätigung die Möglichkeit, am MB-Ferienseminar für hochbegabte und besonders leistungsfähige Gymnasiasten teilzunehmen.

Jenes fünftägige Seminar sollte in der heißesten Woche des ganzen Jahres in Passau stattfinden, doch ich ließ mir die Möglichkeit natürlich nicht nehmen und machte mich so am 30.07.2018 auf den Weg zum „Haus der Jugend“, wo das Ganze stattfinden sollte.

Die Zugreise war durchaus bequem, doch der Fußweg zum Veranstaltungsort sollte eine lustige Geschichte ergeben. Statt einfach ein Taxi zu nehmen, entschied ich mich wegen des guten Wetters dazu, den Fußweg mithilfe von Google Maps anzutreten. Die „kürzeste Route“ berechnete dabei wohl keine Höhenmeter mitein und so wurde ich über die „Oberhausleitenstiege“, einen steilen, mit scheinbar zufällig hineingeschlagenen Holzstufen besetzten Weg, geschickt.

Nachdem ich diesen mühsam mit Koffer und Rucksack beklommen hatte, musste ich nur noch 500 Meter durch wilden Wald und hohes Gras laufen und schon war ich da. Wieso einfach, wenn es auch kompliziert geht? (sigh).

Glücklicherweise war ich zwei Stunden vor der verabredeten Ankunft bereits angekommen und konnte mich so noch in den Umkleideräumen des benachbarten Gymnasiums duschen und umziehen.

Im Innenhof des Hauses der Jugend traf ich dann bereits den ersten Mitteilnehmer, der sich als durchaus bekannt herausstellte.

Wir hatten schon viele Fußballspiele gegeneinander bestritten, verstanden uns auf Anhieb gut und beschlossen so auch gleich, für die nächsten Tage Zimmergenossen zu werden.

Nach und nach kamen immer mehr Leute, mit denen ich in den nächsten Tagen Zeit verbringen sollte und ich muss zugeben, dass ich erstaunt war, dass beinahe alle aussahen wie ganz normale Schüler meines Alters und nicht wie das stereotypische Bild, das man so von Hochbegabten hat. 

Die Gespräche untereinander kamen erstaunlich schnell in Gang und man merkte, dass auch der Humor nicht zu kurz kam und jeder hier sehr offen von sich erzählte.

Da hier von beinahe allen Gymnasien Niederbayerns die für das Seminar geeignetsten Schüler eingeladen wurden, konnten wir auch schnell über gemeinsame Bekannte oder bekannte Feste, Orte und Ereignisse reden.

Nach einer kurzen Begrüßung durch die verantwortlichen Lehrer begann dann auch schon der erste von vielen Vorträgen, die wir in den nächsten Tagen in einem sehr eng getakteten Zeitplan hören sollten.

Passenderweise handelte der erste Vortrag von der kreativen Zusammenarbeit im Team. Diese wurde uns von Franz Pittrich, einem renommierten Unternehmensberater aus Murnau, nähergebracht und war zugleich eine gute Möglichkeit für uns, sich in verschiedenen Teams besser kennenzulernen.

Die Aufgabe, auf einem Turm aus 16 Spaghetti ein Marshmallow zu stabilisieren und diesen frei stehen zu lassen, wurde dabei mit gemischten Ergebnissen bearbeitet ( von 6 Teams fielen ca. 3 Türme zusammen, ein Team brach fast den Höhen-Weltrekord dieser „Marshmallow-Challenge“). 

Am Abend wurde uns dann die Musik der Shakespeare-Zeit von Dr. Christian Kelnberger der LMU in Theorie und Praxis nähergebracht. 

Dabei frischte er anfangs unsere Kenntnisse über Henry VIII. und seine Frauen (divorced, beheaded, died, divorced, beheaded, survived) sowie über barocke Instrumente auf.

Dann gingen wir relativ schnell zum praktischen Teil über, oder auch: dem Spielen und Singen eines Liedes aus dieser Zeit. Musisch begabte Teilnehmer waren im Vornherein gebeten worden, ihre Instrumente mitzunehmen; alle Jungs hatten also einen Koffer weniger zu tragen; die anderen mussten sogar obendrauf noch unsere Singkünste ertragen. Nachdem wir mit zugegeben großartiger musikalischer Begleitung eine Stunde lang „April is in My Misstress’ Face“ geschmettert hatten, gaben wir uns zufrieden, denn sogar wir Jungs hatten zu diesem Zeitpunkt einige Takte (nicht Töne) getroffen.

Nach etwas Fußball mit dem betreuenden Referendar gingen wir dann schließlich pünktlich zur Nachtruhe um 11 ins Bett und waren schon gespannt auf den nächsten Tag.

Dieser begann dann auch um 8 Uhr mit einem gemütlichen Frühstück, auf das dann der Vortrag „auf freier Strecke, Unterwegs zwischen Alltag und Poesie“ von Autor Harald Grill („Hochzeit im Dunkeln“, „Gute Luft- auch wenn’s stinkt“) folgen sollte.

Der bärtige und bärige Schriftsteller las uns dabei aus seinen Werken vor und erzählte uns offen, wie er auf’s Schreiben kam, wie er Spannung erzeugt und was die Themen seiner Bücher für ihn bedeuten.

Auch seine Mundart-Gedichte waren oft sehr gewitzt und bleiben uns noch einige Zeit in Erinnerung. Unsere vielen Fragen beantwortete er gerne, überaus ausführlich und mit vielen Anekdoten zu seinen Reisen durch Osteuropa.

An den darauffolgenden Vortrag zu „America in the Age of Trump“ von LMU-Professor Dr. Markus Hünemörder hatte ich, wie alle anderen auch, hohe Erwartungen; wir wurden nicht enttäuscht. 

Mit viel Witz, eiskalten Fakten, Simpsons-Ausschnitten und einem Überblick dazu, wie es denn zu Trump kam, unterhielt und bildete uns der Dozent über ein Thema, das mittlerweile schon fast zum Tabu geworden ist. 

Von Immigration bis zur wirtschaftlichen Zukunft Amerikas wurde uns alles ( ausschließlich auf Englisch!) detailliert erklärt und auch die spontan aufkommenden Fragen wurden im englischen Dialog gekonnt beantwortet.

Der nächste Morgen begann dann mit einem ebenso spannenden Thema wie Trump: Terrorismus. PD Dr. Alexander Straßer der Uni Regensburg war dabei Referent und zeigte uns gleich zu Beginn das nette Wörtchen „Ambiguitätstoleranz“, über das wir schließlich 15 Minuten redeten, bis es auch jeder verstanden hatte. Danach lernten wir, wieso Terrorismus nicht gleich Terrorismus ist und schließlich auch, wieso das, was die Medien als Terrorismus bezeichnen, oftmals eher Guerilla ist. Es lässt sich mit Sicherheit sagen, dass wir diesem modernen Blick hinter die Kulissen des Schreckensphänomens aufmerksam gefolgt sind und nun alle auch etwas mehr rationale Einsicht in dieses emotionale Thema haben. 

Mittags nahm sich schließlich Kultusminister Bernd Sibler etwas Zeit für uns, eine Ehre, die nicht vielen MB-Ferienseminaren zuvor zukam. Er fragte uns einige Dinge und anschließend hatten auch wir ca. eine halbe Stunde Zeit für eine Fragerunde, bei der alles sehr ehrlich beantwortet wurde, egal ob es um Medizin-Studienplätze oder Islam-Unterricht ging.

Einen kurzen Fernsehbericht dazu veröffentlichte TRP1. Hier kann man ihn sich ansehen: http://www.trp1.de/diskussionsrunde-mit-hochbegabten/ .

Wo wir gerade beim Thema Presse sind: Auch ein Zeitungsbericht wurde zu uns verfasst; der Titel „Hochbegabt und ganz normal“ sorgte bei uns für viel Schmunzeln. Dennoch danken wir der Passauer Neuen Presse für die Berichterstattung. 

Den Artikel kann man hier nachlesen: https://www.pnp.de/lokales/stadt_und_landkreis_passau/passau_stadt/3028392_Hochbegabt-und-ganz-normal.html .

Nachmittags sollte uns dann schließlich die schöne Stadt Passau nähergebracht werden, also machten wir uns bei 33 Grad auf zu einer Stadtführung. Zuerst besichtigten wir dabei die Dombauhütte und konnten schließlich auf ca. 60 Meter Höhe nicht nur den Ausblick genießen, sondern uns auch vom frischen Wind etwas abkühlen lassen. Danach begrüßte uns ein Stadtführer, der authentisch gekleidet war und auch so sprach und führte uns mit vielen blumigen Worten und Witzen zu den wichtigsten Gebäuden Passaus und erzählte uns viel von Fürsten und Herzogen. Das einzige unbeantwortete Rätsel der Stadt Passau blieb an diesem Tag bloß, wie er es schaffte, in seinem dicken Gewand aus dem 17. Jahrhundert keinem Hitzschlag zu erliegen.

Nach einer kleinen Führung durch das Passauer Amtsgericht bekamen wir schließlich noch zwei Stunden Freizeit in der Stadt. Diese nutzten wir, um uns im Restaurant „Max und Muh“ mit reichlich Chili-Cheese-Pommes und Burgern zu versorgen.

Den Abend nutzten wir, um an einem Artikel für die „Ferienzeitung“ zu arbeiten, die am letzten Tag dem Ministerialbeauftragten vorgelegt werden sollte.

Der Donnerstag begann genauso unverschämt warm wie der Mittwoch und wir nutzten den Morgen mit einem Vortrag zu Bionik (Biologie + Technik).

Dabei zeigte uns Referentin Kirsten Sommer (TH Deggendorf; Technologie Campus Freyung), wie alltägliche Erfindungen wie z.B. der Salzstreuer von der Natur inspiriert wurden.  Am Ende des Vortrags sollten wir versuchen, einem „Roboter“ das Gehen beizubringen; dies gestaltete sich jedoch schwerer als gedacht.

Dann kam mittags endlich der Vortrag, auf den viele sich a meisten gefreut hatten: Autismus.

Barbara Völtl (Pädagogin Universität B.A.; Netzwerk Autismus Niederbayern Oberpfalz GmbH) erläuterte uns dabei zuerst, was die Störung Autismus überhaupt ist, bevor der eigentliche Vortrag begann: „Autismus- ein autobiographischer Alltagsbericht. Julian L., der selber die Störung Autismus hat, berichtete uns dabei in bemerkenswert eloquenter und humorvoller Manier von seinem Leben und stellte sich anschließend für eine Fragerunde bereit, die sowohl er als auch wir sehr genossen. Selbst nach dem Vortrag blieb Julian noch im „Haus der Jugend“ und wir redeten bis spät abends noch mit ihm, bald nicht nur über seine Störung ,sondern auch über alle anderen möglichen Themen.

Alle waren sehr beeindruckt von seinem Charakter, der sich vor allem durch Rationalität, aber auch durch Offenheit auszeichnete. Hätte Julian nicht selber oft Witze über Autismus gemacht, so hätten wir wohl schnell vergessen gehabt, dass er diesem Spektrum überhaupt zuzuordnen ist.

Wir können nun sicher alle behaupten, dass wir eine ganz neue Sichtweise auf dieses Thema haben und Julian uns lange in Erinnerung bleiben wird.

Danke für diesen tollen Vortrag.

Am Freitag hatten wir schließlich nur noch eine Präsentation, diese drehte sich um das Thema Tomographie und wurde von Prof. Dr. Tomas Sauer (Lehrstuhl Mathematik/Bildverarbeitung Universität Passau) gehalten. Über die Tomographie in der Medizin hatte ich im Biophysik-Unterricht schon einiges gelernt und so war ich froh, dass Prof. Dr. Sauer uns den Einsatz in der Industrie näherbrachte, z.B. wie Autos nach Crashtests mithilfe neuester Methoden untersucht werden.

Zum Abschluss des MB-Ferienseminars schaute schließlich auch der Ministerialbeauftragte Anselm Räde selbst in Begleitung von Fr. Ferstl, die mich in der Unterstufe in Mathematik unterrichtete, vorbei. Wir stellten erst unsere Ferienzeitung und dann uns selbst vor; Herrn Räde lernten wir als aufmerksamen Zuhörer kennen, der sich immer wieder genauer erkundigte und unsere Zukunftspläne lobte.

Das MB-Ferienseminar war für mich weitaus mehr als nur ein lobenswerter Absatz im Lebenslauf, denn ich habe in diesen fünf Tagen viele interessante Dinge gehört und durchaus meinen Horizont erweitert. Vor allem haben jedoch  die Leute, die ich dort kennengelernt habe, das Seminar zu einem wertvollen und schönen Erlebnis gemacht. Ich konnte viele Freundschaften schließen und bin mir sicher, dass ich auch dem ein oder anderen im späteren Studium wiederbegegnen werde.

Deshalb bedanke ich mich an dieser Stelle abschließend noch einmal bei allen Verantwortlichen, die dieses Erlebnis möglich gemacht haben.